4.6. Entwicklungsarrangements für Werte und Kompetenzen
Erinnern Sie sich daran, wie Sie Ihre Kompetenz für sicheres, aber auch Ihre Werte für achtsames und regelkonformes Autofahren aufgebaut haben.
Im Fahrschulunterricht haben Sie Ihr notwendiges Wissen aufgebaut. Anschließend haben Sie sich für das Autorfahren qualifiziert, indem sie viele Übungen für die theoretische Prüfung bearbeitet haben. Dies wurde in einem Test, der theoretischen Fahrprüfung, abgeprüft und zertifiziert.
Ihre Kompetenz zum Fahren, aber auch ihre Haltung, z. B. den Wert Achtsamkeit oder Norm und Gesetz, bauten sie jedoch erst auf, als sie sich selbst ans Steuer setzten. Fuhren sie dann beispielsweise etwas zu schnell in eine Kurve, haben Sie die Situation – hoffentlich – mit Hilfe ihres Coaches, des Fahrlehrers, bewältigt. Diese Erfahrung, verbunden mit dem Schreck, den sie hatten, haben sie nachhaltig verinnerlicht, so dass sie zukünftig vorsichtiger gefahren sind…
Werte- und Kompetenzentwicklung lässt sich nicht verhindern. In der Arbeit, in der Familie, sogar in der Schule erwerben wir handelnd Werte und Kompetenzen. Einer der wichtigsten Orte für Werte- und Kompetenzentwicklung sind die Arbeitsprozesse.
Werteorientiertes und kompetentes Handeln basiert auf langfristigen Lernprozessen. Diese werden durch folgende Merkmale geprägt:
- Kompetenzen bestimmen die Handlungsweisen der Menschen. Dieses zielgerichtete und bewusst Handeln unterscheidet sich deutlich vom „Verhalten“, das ohne kritische Reflektion erfolgt (vgl. Wahl 2013, S. 17).
- Werte bilden die Kerne von Kompetenzen (Fischer 2019): Der Aufbau von Kompetenzen erfordert die Verinnerlichung (Interiorisation) von Werten zu eigenen Emotionen und Motivationen. Dies geschieht nur im unmittelbaren geistigen oder körperlichen Handeln, unter der Notwendigkeit, Widersprüche, Konflikte, Verunsicherungen – Dissonanzen – auszuhalten, die zur persönlichen Einstellung bzw. zu getroffenen Entscheidungen in Widerspruch stehen.
- Labilisierungsprozess: Kompetenzen werden aufgebaut, wenn Dissonanzen aufgelöst werden, indem Zweifel, Widersprüchlichkeit oder Verwirrung aufgelöst werden, so dass Werte zu eigenen Emotionen und Motivationen werden. Die Werte- und Kompetenzentwicklung der Mitarbeitenden erfolgt bei der selbstorganisierten Bewältigung von Herausforderungen in der Praxis, Werte dienen dabei als Ordner des selbstorganisierten Handelns.
Auf der individuellen Ebene sind Werte- und Kompetenzentwicklung miteinander verknüpft.
Erfahrungen, verbunden mit Emotionen, führen zur Verinnerlichung von Werten, die wiederum den Kern der Kompetenzen bilden.
Die Werte- und Kompetenzforschung zeigt, dass der ausgelöste emotionale Spannungszustand, die „emotionale Labilisierung“, die entscheidende Voraussetzung jeder Interiorisation von Werten und damit des Aufbaus von Kompetenzen ist: Je größer das emotionale Gewicht, desto tiefer werden die zur Auflösung der Dissonanz führenden Werte später im „Grund der Seele" verankert. Diese bestimmen wiederum die Handlungen in vergleichbar herausfordernden Situationen (vgl. Erpenbeck/Sauter 2007).
Deshalb können Werte und Kompetenzen nicht in Seminaren vermittelt werden.
Werte- und Kompetenzentwicklung kann aber auf mehreren Stufen, unterstützt durch Weiterbildung, selbstorganisiert ermöglicht werden (vgl. Sauter/Sauter/Wolfig 2018; Erpenbeck/Sauter 2022).

Im Einzelnen haben wir zu den Stufen der gezielten Werte- und Kompetenzentwicklung folgende Erfahrungen gesammelt.