3.6. Wertemodell
„Mit einer der üblichen Mitarbeitendenbefragungen hätten wir nicht annähernd so viele Erkenntnisse gewinnen können, wie über die Werteerfassung.“
Jörg Monsig
Betriebsleiter Lang Metallwarenproduktion – Neubrandenburg GmbH
Für das gezielte Wertemanagement ist es nötig, ein überschaubares, praktikables Wertemodell zu entwickeln, mit dem die Antriebe und Ordner des kompetenten Handelns identifiziert werden können.
Auf Basis der aktuellen Erkenntnisse der Werteforschung Prof. Dr. John Erpenbeck, Roman Sauter und der Autor ein Wertemodell entwickelt. Dieses basiert auf den Erkenntnissen der Werteforschung (auf Basis einer über zehnjährigen Erfahrung mit dem Wertemess-System WERDE®) sowie auf den Items des hoch validierten Klages-Gensicke-Survey.
Dieses Wertemodell umfasst vier Basiswerte (Wertekategorien), die wie folgt beschrieben werden (Erpenbeck/Sauter 2020a, 2022):
- Personal Werte sind handlungsleitende Ordner, die Mitarbeitende dazu bringen, Handlungen zu bevorzugen, die ihnen – physischen oder geistigen – Genuss verschaffen. Dabei kann es sich um das Genießen von Essen, Musik, Literatur oder Kunstwerken, aber auch von physischer Anspannung und Herausforderung in konfliktträchtigen Situationen handeln. Es kann sich auf den Genuss am kreativen Denken und Austausch mit Menschen aus verschiedenen Kulturen sowie auf den Genuss an individueller Freiheit beziehen.
- Nutzenwerte sind handlungsleitende Ordner, die Mitarbeitende Handlungen bevorzugen lassen, die ihnen Nutzen im weitesten Sinne versprechen. Dabei kann es sich um den Nutzen aus neuen Erfahrungen durch den Austausch mit anderen, Entdeckungen und Entwicklungen handeln, oder um ökonomischen Nutzen, um den Nutzen, den ein Erfinder aus seinem fachlichen und methodischen Wissen zieht oder um den Nutzen, der aus einer Organisation oder einem Beziehungsgeflecht zu ziehen ist.
- Ethische Werte gelten tendenziell für alle Mitarbeitende – egal welchen sozialen Stufen sie auch zugehörig sind. Sie sind handlungsleitende Ordner, die Mitarbeitenden Handlungen nahelegen, die das Wohl vieler oder aller Menschen ohne Ansehen der Person zum Handlungsanliegen machen.
- Soziale Werte können sowohl auf einzelne Menschen wie auf kollektive Subjekte gerichtet sein. Sie sind handlungsleitende Ordner, die Einzelne oder Gruppen (Unternehmen, Abteilungen, Teams etc.) zu einem sozial akzeptierten, rechtskonformen, optimalen oder auch zu einem innovativen Handeln bewegen.
Jeder Basiswert wird in vier weitere Werte untergliedert, so dass ein praktikables Wertemodell entsteht.

Die Erfahrungen zeigen, dass grundsätzlich alle Wertebegriffe mit diesem Wertemodell erfasst werden können.
Jeder einzelne Wertekategorie wird mit jeweils vier beispielhaften Werteausprägungen organisations-, team- oder funktionsspezifisch konkretisiert. Die angepassten Wertebeispiele bilden wiederum die Grundlage für die Fragen zur Erfassung der Werte.
Werteerfassung und gezielte Werteentwicklung gehören heute zum Kerngeschäft von Organisationen. Die Bedeutung der Werteerfassung nimmt zu.
Dafür sind folgende Gründe maßgeblich:
- Sie erweitert die Möglichkeiten, über institutionelle und individuelle Werte, B. über interkulturelle Werte, nachzudenken und zu sprechen.
- Sie ermöglicht das Finden einer gemeinsamen Sprache für die Formulierung von Organisationszielen, ist aber auch für individuelle und teambezogene Entwicklungsmöglichkeiten einsetzbar.
- Werte sind untereinander, mit Kompetenzen, mit dem Handeln von Einzelnen, Gruppen und sozialen Strukturen eng vernetzt.
- Die Möglichkeit, Werte zu erfassen, ermöglicht Einschätzungen, die zuvor nicht möglich waren.
- Welche Organisationswerte erweisen sich in welchen Anwendungsfeldern als besonders wirkungsvoll?
- Welche Werteausstattungen sind für Herausforderungen von Mitarbeitenden oder Teams günstig, und wann durchkreuzen andere angestrebte Erfolge?
- Welche Werte machen Menschen erfolgreich und zufrieden, welche lassen sie in Widerspruch zu anderen oder den Verhältnissen geraten, fördern oder verhindern die Entstehung notwendiger Kompetenzen?
Dabei heißt Messung nicht unbedingt eine Zahlenbestimmung bis zur Kommastelle. Schon die Feststellung mehr oder weniger, intensiver oder weniger intensiv ist eine große praktische Unterstützung.