6.3. Anwendungsfelder auf individueller Ebene
- Beratung von NachwuchskräftenDas Rankingverfahren eignet sich hervorragend für die Einschätzung der Werte und Kompetenzen und damit der Entwicklungsmöglichkeiten von Nachwuchskräften. Auf Basis einer Selbst- und Fremdeinschätzung aller Kompetenzen durch einen Praktikumsbetreuer oder Beobachter sowie der Selbsteinschätzung der Werte durch die Nachwuchskraft können in einem Beratungsgespräch die Ergebnisse analysiert und, evtl. im Vergleich zu Soll-Profilen möglicher Berufe, bewertet werden. Daraus können wiederum Rückschlüsse über die Eignung der Nachwuchskräfte für bestimmte Berufsrichtungen getroffen werden. Es hat sich bewährt, mit den jungen Menschen entsprechende Projektaufgaben oder Praktika zu vereinbaren, in denen sie überprüfen können, ob die gewonnen Einschätzungen tatsächlich zutreffen. 
- RecruitingDie Auswahl der Bewerber im Recruiting-Prozess wird mit dem Ziel durchgeführt, freie Stellen mit Bewerbern zu besetzen, die im Vergleich zu den anderen Bewerbern das Werte- und Kompetenzprofil besitzen, das den Stellenanforderungen am ehesten entspricht. Entscheidend ist, dass die ausgewählten Bewerber die Aufgaben auf der ausgeschriebenen Stelle kompetent bewältigen können, also handlungsfähig sind und zur Kultur des neuen Arbeitsbereiches passen. Deshalb werden die Stellenausschreibungen um Werte- und Kompetenz-Sollprofile und/oder um Kernwerte und Kernkompetenzen erweitert. 
- Werte- und kompetenzorientiertes On-BoardingMit Onboarding-Konzepten soll im Regelfall erreicht werden, dass die neuen Mitarbeitenden ihre persönlichen Werte an die Unternehmenswerte anpassen, sich rasch in das Team integrieren und in ihrem Aufgabenbereich kompetent handeln. Deshalb benötigen wir für den Onboarding-Prozess in den Unternehmen Integrationskonzepte, die auf dem Ansatz der „Ermöglichungsdidaktik“ aufbauen und den Mitarbeitenden die Möglichkeit geben, ihre Werte und ihre Handlungssicherheit im neuen Unternehmen selbstorganisiert bei der Bearbeitung von herausfordernden Aufgaben in ihrem neuen Netzwerk zu gestalten. 
- Werte- und kompetenzorientierte BerufsausbildungDie Ausbildung muss ein Spiegelbild der Lebens- und Arbeitswelt sein, wenn sie die Auszubildenden auf ihre zukünftigen Herausforderungen vorbereiten soll. Deshalb müssen Lernformen und Medien dem aktuellen Umfeld entsprechen. Deshalb muss die Berufsausbildung primär in die Verantwortung der Auszubildenden, mit Begleitung durch Ausbilder und evtl. engagierter Berufsschullehrer, gelegt werden. 
- Gezieltes TalentmanagementDas Ziel des Talentmanagements ist es, die Potenziale aller Mitarbeitenden und Führungskräfte mit Hilfe von Werte- und Kompetenzerfassungen zu identifizieren, ihre Kompetenzen zielgerichtet einzusetzen und zu entwickeln sowie dauerhaft zu binden. Deshalb sind für das Talentmanagement Lernsysteme mit Werte- und Kompetenzzielen erforderlich, die auf der Selbstorganisation sowie der Werte- und Kompetenzerfassung aufbauen. 
- KarriereberatungDie Karriere der Mitarbeitenden wird vor allem durch die Ausprägungen ihrer Werte und Kompetenzen im Verhältnis zu den Soll-Profilen geprägt. Deshalb kommt den Führungskräften als Entwicklungspartner – Mentoren – ihrer Mitarbeitenden eine besondere Rolle zu. Sie bewerten auf Basis der Werte- und Kompetenzerfassungen die Entwicklungsmöglichkeiten ihrer Mitarbeitenden, schaffen die notwendigen Rahmenbedingungen und vereinbaren in Abstimmung mit ihnen verbindliche Ziele für Praxis- oder Projektaufträge, die eine selbstorganisierte Werte- und Kompetenzentwicklung ermöglichen. 
- Gezielter Aufbau von FachkompetenzenWerte und Kompetenzen können nur selbstorganisiert, bei der Bewältigung von herausfordernden Praxisaufgaben eingesetzt werden. Deshalb ist es notwendig, die formelle Weiterbildung um die Anwendung des Wissens und der Qualifikation in Praxisprojekten oder -aufgaben auf Basis der Werte- und Kompetenzerfassung zu erweitern. Deshalb empfehlen wir, die gezielte Werte- und Kompetenzentwicklung parallel zum Wissensaufbau und zur Qualifikation in der Weiterbildungsmaßnahme zu planen und miteinander zu verzahnen. 
- Gezielter Aufbau von FührungskompetenzenDer Aufbau der Führungskompetenzen kann nur selbstorganisiert, bei der Bewältigung von schwierigen Führungsaufgaben erfolgen. Deshalb empfehlen wir eine gezielte Entwicklung im Rahmen von Social-Blended-Learning-Arrangements, die die eine selbstorganisierte Bearbeitung eines Führungsprojektes beinhaltet. Gemeinsam mit anderen Führungskräften und mit professioneller Begleitung können die Führungskompetenzen gezielt entwickelt werden. Es hat sich als sehr zielführend erwiesen, die Entwicklung der Führungskompetenz mit der Teamentwicklung zu verknüpfen. 
- Retention ManagementRetention Management (lat. Retentio: das Zurückhalten) hat zum Ziel, das Engagement und die Kompetenzen der Mitarbeitenden für die Umsetzung der strategischen Ziele des Unternehmens zu sichern. Damit sollen die personelle Kapazität sowie die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der Mitarbeitenden gewährleistet und die Kosten aufgrund unerwünschter Fehlzeiten und Fluktuation reduziert werden. Regelmäßige Werte- und Kompetenzerfassungen ermöglichen Transparenz über individuelle Entwicklungsmöglichkeiten, aber auch mögliche Reibungsflächen. Damit wird ein proaktives Handeln möglich, um die Mitarbeitenden nachhaltig an die Organisation zu binden. 
- Future Skills entwickelnAuf Basis unseres Future-Skills-Modelles, das sowohl Kompetenzen als auch Werte umfasst, können diese erfasst und das Re- und Up-Skilling der Mitarbeitenden gezielt für die Herausforderungen in der Zukunft ermöglicht werden (vgl. Edelkraut, Sauter 2023 in Arbeit). 

Abb.25 Future Skill Modell von Erpenbeck, Sauter (2023 in Arbeit)
- Gezielte Entwicklung ausgewählter Werte- und Kompetenzbereiche ermöglichenFolgende Haltungs- und Handlungsbereiche sollten gezielt entwickelt werden: - Werte und Kompetenzen für die digitale Transformation aufbauen Digitale Kompetenzen setzen zwar Wissen über digitale Systeme im Arbeitsprozess und die Qualifikation zur Nutzung dieser Systeme voraus, umfassen jedoch deutlich mehr Fähigkeiten. Digitale Kompetenzen– eigentlich Kompetenzen für die digitale Transformation – sind die Fähigkeiten, in der sich neu herausbildenden digitalen Arbeits- und Lebenswelt Herausforderungen, die zum großen Teil heute noch unbekannt sind, selbstorganisiert und kreativ lösen zu können.Digitale Werte- und Kompetenzentwicklung am Arbeitsplatz und im Netz erfordert damit die Fähigkeit, technische und kommunikative Möglichkeiten elektronischer Datennetze selbstorganisiert und kreativ einzusetzen, sie zugleich für die Entwicklung der eigenen Kompetenzen selbstorganisiert und kreativ zu nutzen, sie kreativ für die Kompetenzentwicklung von Mitarbeitenden zu verwenden, sie selbstorganisiert und kreativ weiterzuentwickeln und zu verbreiten. 
 - Nachhaltiges Handeln der Mitarbeitenden fördern Nachhaltigkeit ist ein Wert, der immer wichtiger wird. Er hängt mit nahezu allen Werten einer Organisation zusammen. Aus den Nachhaltigkeitszielen leiten sich vielfältige Handlungsfelder ab, wie z. B. Personalmanagement in der digitalen Transformation, Gewinnung von Fach- und Führungskräften mit nachhaltiger Haltung, nachhaltiges Werte- und Kompetenzmanagement, Talentmanagement, Auswirkungen der künstlichen Intelligenz, Resilienz und emotionale Stabilität, Autonomie und Selbstorganisation, disruptive Innovationen oder Achtsamkeit.
 - Agiles Handeln fördernEs entwickelt sich eine agile Arbeitswelt, die grundlegend neue Handlungsweisen und Werte aller Mitarbeitenden und einen veränderten Mindset erfordert.
 - Resilienz gezielt aufbauenDie zunehmenden Krisen haben die Bedeutung der Resilienz, der Fähigkeit, arbeitsbezogene Herausforderungen, insbesondere im Kontext der Disruption, selbstorganisiert zu bewältigen, enorm gesteigert.
 - Diversity und Inklusion fördernDie wachsende Vielfalt der Beschäftigten stellt immer höhere Anforderungen an die Kultur der Organisationen und damit an die gemeinsamen Werte. Dafür sind Inklusionsprozesse erforderlich, die eine gezielte Werte- und Kompetenzentwicklung erfordern.
 - Intrapreneure entwickeln Schaffen es Organisationen, Mitarbeitenden, die Neuerungen initiieren wollen, offen und methodisch flankierend zu begleiten, können sie zu Intrapreneuren werden. Dadurch entwickeln sie sich von Querulanten zu Transformationstreibern, die neue Prozesse anstoßen und die Organisationskultur von innen heraus verändern, so dass die Organisation zukunftsfähig wird.
 
- Werte und Kompetenzen für die digitale Transformation aufbauen Digitale Kompetenzen setzen zwar Wissen über digitale Systeme im Arbeitsprozess und die Qualifikation zur Nutzung dieser Systeme voraus, umfassen jedoch deutlich mehr Fähigkeiten. Digitale Kompetenzen– eigentlich Kompetenzen für die digitale Transformation – sind die Fähigkeiten, in der sich neu herausbildenden digitalen Arbeits- und Lebenswelt Herausforderungen, die zum großen Teil heute noch unbekannt sind, selbstorganisiert und kreativ lösen zu können.
- Outplacement-BeratungenOutplacement, teilweise auch Newplacement genannt, bezeichnet eine Dienstleistung für ausscheidende Mitarbeitende, die als professionelle Hilfe zur beruflichen Neuorientierung und Neupositionierung angeboten wird. Mit einer Werte- und Kompetenzerfassung erhält der ausscheidende Mitarbeitende ein tiefgehendes Bild seiner Antriebe, und seiner Ordner des selbstorganisierten Handelns sowie seiner Kompetenzen. Dies hilft ihm, eine Entscheidung über seinen weiteren beruflichen Weg zu treffen. Outplacement kann damit auch ein sehr gutes Instrument sein, um Möglichkeiten zu suchen, den ausscheidenden Mitarbeitenden auch weiterhin nach seinen Vorlieben und mit seinen besonderen Kompetenzen in der Organisation einzusetzen.